La vie du cœur: Approches phénoménologiques de l’affectivité

Name der Konferenz: La vie du cœur: Approches phénoménologiques de l’affectivité
Datum der Konferenz: 15.–17. Mai 2025
Ort der Konferenz: Institut catholique de Toulouse, Amphithéâtre de Naurois (E101), Frankreich
Die internationale Tagung in Toulouse versammelte eine beeindruckende Bandbreite an Zugängen zur phänomenologischen Affektivität.
Zunächst ist hervorzuheben, dass es sehr eindrucksvolle systematische Forschungen zur Affektivität bei verschiedenen Phänomenologen wie Husserl, Patočka, Jonas und Barbaras gab: Ein Beitrag hob hervor, dass Affektivität nicht bloß auf Werte reagiert, sondern diese realisiert und eine ethisch-praktische Horizontbildung durch ihre exemplarische Wirksamkeit ermöglicht. Ein anderer Beitrag verband Patočkas Theorie der drei Bewegungen der menschlichen Existenz mit der Affektivität als passiver Grund der Wahrheitserschließung und Medium existenzieller Erwachung. Einen weiteren Schwerpunkt bildete die Analyse der plaisir und douleur als Grenzphänomene der Intentionalität, wobei insbesondere der Schmerz als Moment der Konstitution und Durchbrechung der Ipseität thematisiert wurde. Schließlich wurde das Begehren im Anschluss an Jonas und Barbaras als ursprüngliche Struktur des Lebendigseins verstanden – nicht als Mangel oder Trieb, sondern als transgressive Offenheit des Seins selbst.
Ein Beitrag verstand die „Leere des Herzens“ nicht als bloßen Mangel, sondern als eine strukturelle Kluft, die aus einem ursprünglichen Abstand zwischen Sein und Empfindung hervorgeht. Er zeigte, dass Affektivität keine bloße Reaktion ist, sondern eine ursprüngliche Weise des Seins darstellt – ein Ort, an dem das Subjekt sich in der Dynamik von Distanz und Verlangen zur Welt hin konstituiert.
Zwei Beiträge beleuchteten phänomenologisch die Auflösung von Leiblichkeit und Selbstverhältnis in psychotischen Erfahrungen: Einerseits als radikaler Bruch in der affektiven, zeitlichen und identitären Struktur des Weltbezugs, andererseits anhand klinisch-phänomenologischer Analysen von Coenästhesien bei Schizophrenie-Patienten.
Eine anthropologische Untersuchung widmete sich den affektiven Dimensionen traditioneller Rituale – etwa im Kontext des südwestchinesischen Bimo-Schamanismus. Mehrere Beiträge befassten sich mit phänomenologischen Analysen einzelner affektiver Phänomene wie Müdigkeit, Ohnmacht und emotionaler Arbeit, wobei teils auch psychologische und soziologische Ansätze einbezogen wurden. In einem Vortrag wurde das Begehren als zentrales Motiv einer phänomenologischen Ontologie entfaltet.
Ein anderer Beitrag suchte in der affektiv fundierten Innerlichkeit nach einem Widerstandspotenzial, das über den intentionalen Sinn hinausweist. Ein weiterer, fein differenzierter Beitrag untersuchte die paradoxe Beziehung zwischen affektiver Verletzlichkeit und Widerstandsfähigkeit. Ausgehend von einer phänomenologischen Analyse des „trouble du cœur“ wurde gezeigt, wie affektive Passivität nicht nur die Konstitution der Subjektivität, sondern auch die Möglichkeit innerer Transformation und ethisch-politischer Resistenz begründet. Darüber hinaus wurde das Konzept einer affectivité solastalgique im Anschluss an umweltphilosophische Überlegungen phänomenologisch reflektiert.
Eine anthropologische Forschung zu affektiven Dimensionen traditioneller Rituale – etwa im Kontext des südwestchinesischen Bimo-Schamanismus – vorgestellt. Mehrere Beiträge widmeten sich phänomenologischen Analysen einzelner affektiver Phänomene wie Müdigkeit, Ohnmacht und emotionaler Arbeit, wobei teils auch psychologische und soziologische Ansätze einbezogen wurden.
Besonders hochinteressant war ein Beitrag, der sich mit dem Status der Effektuation des transzendentalen Bewusstseins befasste. Als Antwort auf dieses Problem wurde das Konzept der „phänomenologischen Kontraktion“ eingeführt, verstanden als innere affektive Widerständigkeit. Anhand verschiedener Ansätze – u.a. bei Michel Henry und mit einem eindrucksvollen Beispiel aus Black Mirror – wurde deutlich, wie affektive Widerständigkeit zur Genese von Sinn beiträgt.
Diese vielfältigen Perspektiven waren für mein Dissertationsprojekt zur transzendentalen Anonymität von großer Bedeutung. Ich danke dem ZGS herzlich für die Förderung dieser erkenntnisreichen Reise.